Beitrag von Roland Wiese:
Einige Bilder von der Vernissage der Ausstellung von Elfi Wiese im ausstellungsraum. steiner haus Hamburg am 1.9.2023 (Die Ausstellung ist bis Ende des Jahres zu sehen). Die Einführung von Susanne Hörz ist auf Roland Wieses Blog rolandwiese.com zu lesen.
Das letzte fertiggewordene Bild noch aufhängen…
Begrüßung durch Thomas Grofer (Links: Elfi Wiese)Einführung von Susanne Hörz
Aus der Einführung von Susanne Hörz:
Ich möchte versuchen einen vielschichtigen Zusammenhang herzustellen: der Zeitliches, Räumliches, Stimmungsmäßiges umfasst. Ein erster Zusammenhang: Paul Pollock, Susanne Hörz und Elfi Wiese Im Zugehen auf Elfis Anfrage nach einer Einführung wollte ich mir ein konkreteres Bild machen: Besuch in Horstedt und Sichtung der Bilder, Besuch des Rudolf Steiner Hauses HH und der Ausstellung Paul Pollock, die vor Elfis Ausstellung im Steiner-Haus hing und der im Januar 2022 verstorben ist! Bei ihm habe ich vor vielen Jahren ein Jahr lang im Atelier in Freiburg malen dürfen. Interessanterweise findet sich auch in bestimmten Bildtiteln eine Ähnlichkeit: Elfis Bild hinten heißt: „Erdinnern“, eine kleine Bilderserie von Paul hieß: „Erd-Innen“.Paul Pollock: Malt viel im Anklang an Landschaftsstimmungen v.a. Licht/Luft-Wasser Focus (s. Titel). Elfi Wiese: Landschaftsstimmungen v.a. Erde und Erde als Wärme im Focus, neue Bilder auch luftig-bewegte Stimmung kommt dazu. Der zeitliche Zusammenhang: 2010 – 2023 Auf Anfrage von Christa Quellmalz hat Elfi Wiese hier im Haus 2010 schon einmal eine Ausstellung unter dem Titel „Erdaufgang“ gezeigt. Mit Christa Quellmalz, die ja hier im Hause lange gearbeitet hat, verbindet uns ein wichtiger biografischer Abschnitt, auch die Arbeit hier mit Gottfried Stockmar und Wolf-Ulrich Klünker. Christa und Paul sind für mich heute auch mit dabei. Aus dieser letzten Ausstellung sind auch wieder ein paar Werke ganz hinten im Gang zu sehen. Damit ist eine direkte Anknüpfung und ein Entwicklungsbezug der alten Ausstellung zur neuen Ausstellung gegeben. Titel der Ausstellung ist „alles zeigt sich neu“? Was zeigt sich denn neu? Ein Neues setzt etwas mir bisher Unbekanntes, ein aus der Zukunft Wirkendes voraus, das aber an Bestehendes anknüpft. 1. „Alles zeigt sich neu“ hat so einerseits einen zeitlich-biografischen Aspekt, der eine Entwicklung in der Zeit erkennen lässt, was hier in der Ausstellung sichtbar wird und das „Alte“ durch das „Neue“ in anderem Licht zeigt. Es dokumentiert so Elfis Schaffen vielleicht als eine Art schrittweises Herausschälen, Herausplastizieren und Verwandeln eines aus der Zukunft Wirkenden (Raupe). 2. Andererseits wird hier auch ein seelisch-räumlicher Aspekt eines „sich neu zeigen“ deutlich: einerseits der in dieser Ausstellung, an diesem Ort, einmalige Zusammenhang zwischen den einzelnen Bildern, zwischen den Bildern und der Räumlichkeit und auch zwischen den Bildern undmir und uns als Betrachter(n). Wenn wir als Betrachter die Bilder zusammenschauen oder auch einzeln betrachten ergibt sich ein ganz bestimmtes Stimmungsbild, ein Kraftraum als Ich-Seelenraum, dessen Lebendigkeit und Präsenz wesentlich von meinem Interesse meiner Offenheit und meinem schöpferischen Mit-tun abhängt. Die von Elfi gemalten Bilder warten darauf gesehen zu werden, aber nicht als konstatieren, sondern ich glaube man muss sie entdecken, erschließen, sich damit auseinandersetzen um in die Tiefe zu kommen. Sie vervollständigen sich erst im Betrachter zu einem Ganzen, wenn man damit ins Gespräch geht, sich die nötige Zeit nimmt – vorausgesetzt sie haben in sich auch diese Offenheit. Dann zeigen sie sich auch im Betrachter als Mitschöpfer „neu“. Die von Elfi gemalten Bilder sind keine Abbilder, sondern gestaltete Empfindungsräume, vielleicht als Tasträume erlebbar in denen eine Begegnung und Impulsierung zwischen Schöpfer und Betrachter möglich werden kann. „Bilder erklären sich eigentlich durch sich selbst, man muss warten bis es einem etwas zu sagen hat.“ (Emil Schumacher / Film)Arbeitsprozess Elfi Wiese lässt sich in ihren Bildern oftmals von Eindrücken in einer Landschaft inspirieren. Dabei gilt ihr besonderes Interesse der Erde, den verschieden Erdtönen, die der Boden verborgen hält. Auf ihren Reisen, aber auch in ihrer unmittelbaren Umgebung vor Ort sammelt sie – gleich einem Naturforscher – verschiedene Erden, Steine aber auch Kohle oder Asche, die sie so verarbeitet und verreibt, dass sie als Pigmente verwendet werden können. So bilden Erden nicht nur den Untergrund in der Landschaft, sondern sind auch oft der Untergrund ihrer Bilder. „Die Erde impulsiert mich, sie verbindet mich im Malen mit dem Ort, wo sie herstammt, wo ich bin. Farben, Formen und Zeichen folgen diesem Impuls.“ (E.W.) Die Erden werden im Malen mit Wasser und Bindemittel verdünnt aufgetragen und zeigen sich dann in ihrer vielschichtigen Farbigkeit. In diesem Prozess wird das zunächst feste, sedimentierte und oft dunkle Material der Erde verdünnt und zur Farbe aufgehellt. Vielleicht vergleichbar einem bearbeiteten schwarzen Turmalin/ Schörl, der in dünnste Scheiben aufgeschnitten wunderbare Farbenwelten offenbart. Die Tiefenkräfte der Erde kommen hier ans Licht. Der konkrete Bezug zur Erde, den Steinen und das Interesse an Baugruben, Steinbrüchen u.ä. aber auch die Haptik dieser Materialien bringt Elfi Wiese in gewisser Weise auch in die Nähe zur Bildhauerei. Die reliefartige Struktur, die sich durch die unterschiedliche Körnung des Materials ergeben kann, hat die Fähigkeit die Umgebungs- und Lichtverhältnisse einzubeziehen. „Ein Bild bekommt so eine Objekthaftigkeit, die eine Art Zwitter zwischen Bildhauerei und Malerei bildet.“ (E.W.) So verwendet Elfi Wiese in den Bildern „Marokko“ oder „Tafedna I“ im Untergrund dort gefundene Erdtöne und Tinten die ebenfalls aus der Region stammen. Sie möchte jedoch keine Landschaften im klassischen Sinne malen – kein Abbild des Äußeren, sondern lässt sich im weiteren Arbeiten im Atelier von den erlebten Stimmungen, der Atmosphäre, dem Licht, den Farben und Formen inspirieren. Wohin sie der Prozess im Bild führt ist zunächst nicht absehbar, manchmal überlagern sich viele Schichten an Farben und Formen, vieles wird verworfen und schöpferisch neu impulsiert, bis das Bild seine ihm eigene Stimmigkeit und Formgestalt erreicht hat. „Ein Bild ist immer ein Risiko, ohne Risiko ist es nicht gut! Hat ein Bild etwas erlitten, strahlt das auch aus.“ (Emil Schumacher/ Film) Auffallend sind in diesen und einigen anderen Bildern aus der letzten Zeit die kleinteiligen zeichenartigen Linienstrukturen, die im Gegensatz zu den großen ruhigen Flächen im Untergrund wie eine 2. Ebene im Bild erscheinen. Sie markieren ein neues Element in Elfi Wieses Schaffen. Diese Strukturen ergeben eine bewegt-lebendige manchmal flimmernde atmosphärische Stimmung in changierenden Farben. Das Luftige erscheint hier jetzt als Stimmungsträger, in den Marokko Bildern scheint es, als würden sich Luftschichten überlagern – im Gegensatz zu dem Eindruck von Erdschichten früherer Bilder (vgl. „Erdinnern“). Die Stimmung reicht von luftig-duftend auf einigen Bildern, bis flirrend oder kohlensäureartig-unruhig auf anderen Bildern. Ich erlebe diese Bilder beweglicher, freier als frühere Werke. Entstanden sind diese Strukturen ursprünglich aus dem „dynamischen Zeichnen“ und aus verschiedenen Schriftzeichen unterschiedlicher Kulturen als Bewegungsformen, aber auch als sinnstiftendes Element. Ebenso entstanden diese Strukturen auch aus dem konkreten und nahen Eindruck von Flechten und algenartigen Strukturen, die sich im Gestein sedimentiert haben und von vergangenem Leben zeugen. In Elfis älteren Bildern finden sich immer wieder einfache großflächige und sich überlagernde Grundformen, die in den neueren Bildern mehr in den Hintergrund treten. Sie haben auf mich teilweise eine romanisch-sakral wirkende Stimmung. Im Malprozess kommt es immer wieder vor, dass ein Bild mehrfach umgewendet und überarbeitet wird, bis es seine Stimmigkeit erreicht hat. Einige Bilder zeigen durch ihre waagrechte Flächen- oder Liniengebung einen Landschaftseindruck, durch das Hochformat der Bilder erhalten sie jedoch auch eine Aufrechte wie der Mensch und zeugen dadurch vom erlebenden Ich in der Landschaft. Die Leinwand ist sichtbarer Ausdruck eines Kraftfeldes, das in den nicht sichtbaren Umraum hineinreicht. Man kann versuchen nachzuvollziehen woher eine Bewegung kommt, wohin sie geht. Wenn ein Bild einen Titel trägt ergibt sich dieser meist ganz am Ende wie aus einer verdichteten Stimmung. Susanne Hörz, Auszüge aus der Einführung am 1.9.2023
Fotoserie der Ausstellungseröffnung:
Das neueste Bild der Ausstellung